Rahmenmodell Gesundheitsstigmatisierung und Diskriminierung
Das Rahmenmodell des StiPEx-Projekts ist angelehnt an das Health Stigma and Discrimination Framewort (HSDF) (Stangl et al. 2019) und wurde an den Kontext der COVID-19-Pandemie angepasst (Ransing et al. 2020).
Individuelle Verstärker und Verstärkende Umgebungsfaktoren aber auch die Intersektionalität und Double Stigma bestimmen ob Stigmatisierung auftritt und auf welche Weise auf die betroffenen Personen stigmatisiert werden.
Verstärkende Faktoren
Zu den Verstärkenden Faktoren gehören Individuelle Verstärker, verstärkende Umgebungsfaktoren sowie Intersektionalität und Double Stigma.
Individuelle Verstärker
Individuelle Faktoren, die Stigmatisierung beschleunigen oder anstoßen. Diese werden fast ausschließlich als negativ wahrgenommen. Hierzu gehören:
- Angst
- Stereotype & Individuelle Überzeugungen
- Schuld & Scham
Verstärkende Umgebungsfaktoren
Auch externe Faktoren können einen Einfluss haben. Hierunter fallen:
- Soziale Ungleichheit
- kollektive Überzeugungen
- Gesetzgebung
- (Soziale) Medien
Intersektionalität & Double Stigma
Faktoren, welche eine Stigmatisierung vereinfachen oder intensivieren. Intersektionalität entsteht, wenn einer Person mehrere Label zugeschrieben werden. Das kann verschiedene Aspekte betreffen:
- Soziodemographie
z.B. Geschlecht, Alter, Ethnie - Gesundheitszustand
z.B. psychische Erkrankungen - Berufliches Umfeld / Setting
z.B. Gesundheitsfachberufe
Manifestation von Stigmatisierung
Personen die Stigmatisierung erfahren oder Beobachten verhalten sich oft anders als andere. Manche Menschen stigmatisieren sich aufgrund ihrer Erfahrungen auch selbst.
Erfahrungen
z.B. Statusverlust, soziale Isolation
Praktiken
z.B. soziale Ausgrenzung, Diskriminierung
Verhaltensbezogene Folgen von Stigmatisierung
Die vorangegangenen Aspekte beeinflussen das Verhalten von Betroffenen aber auch von Organisationen und Institutionen.
Betroffene
- Einschränkung von Kontakt mit (potenziell) Infizierten, Verheimlichung von Symptomen
- Unterstützung und professionelle Behandlung werden verzögert oder gar nicht in Anspruch genommen
- finanzielle Belastung, Krankheitslast
- Vulnerabilität für psychische Komorbidität
Organisationen und Institutionen
- Geringe Bereitschaft von med. Fachpersonal zu Covid-19 – Diensten → reduzierte Verfügbarkeit medizinischer Versorgung
- Symptombasierte (falsch-positive) Zuordnung von Patient*innen → Überbelegung; Überforderung des Personals
- Verzögerung oder Vermeidung präventiver Handlungen
Gesundheitsbezogene & Soziale Auswirkungen
Langfristig wirkt sich Stigmatisierung auf verschiedenen Bereiche aus:
- Individuum
z.B. Wohlbefinden, Lebensqualität - Gesundheitssystem
z.B. höhere Prävalenz für psychische Erkrankungen; Überbelastung - Ökonomie
z.B. Armut, Arbeitslosigkeit - Soziale Gemeinschaft
z.B. erhöhte Anzahl infizierter Personen - Arbeitswelt
z.B. Fehlzeiten, geringe Motivation
Literatur
Ransing, R., Ramalho, R., de Filippis, R., Ojeahere, M. I., Karaliuniene, R., Orsolini, L., . . . Bytyçi, D. G. (2020). Infectious disease outbreak related stigma and discrimination during the COVID-19 pandemic: drivers, facilitators, manifestations, and outcomes across the world. Brain, Behavior, and Immunity.
Stangl, A. L., Earnshaw, V. A., Logie, C. H., van Brakel, W., Simbayi, L. C., Barré, I., & Dovidio, J. F. (2019). The health stigma and discrimination framework: a global, crosscutting framework to inform research, intervention development, and policy on health-related stigmas. BMC Medicine, 17(1), 1-13.